Death Knocks

Oper in einem Akt nach dem gleichnamigen Schauspiel von Woody Allen für Mezzosopran, Bariton und Kammerensemble Deutsche Textfassung von Esther Ferrier

New York, irgendwo mitten in Manhattan. In den Straßen pulsiert das Treiben einer lebendigen Großstadt, während es sich der erfolgreiche Textilfabrikant Nat Ackermann zum Feierabend gemütlich gemacht hat. Die Abendzeitung auf dem Bett lesend pfeift er den Evergreen: „There is simply no way to go“ vor sich hin, als er urplötzlich durch einen vehementen Lärm aus der Idylle gerissen wird. Höchst unelegant und tölpelhaft, von der Regenrinne fallend, stürzt ein fremdes Wesen mitten durch das Fenster in sein Wohnzimmer. Nat völlig konsterniert, stellt erstaunt fest, dass es sich bei diesem Jemand um eine ziemlich attraktive Dame handelt. Natürlich glaubt Nat dieser recht verwirrten Dame kein Wort, als diese behauptet, sein ureigener Tod zu sein und ihn nun sofort mitzunehmen gedenke. Er weigert sich, dieses zu akzeptieren, geschweige denn mitzugehen. Der Tod beginnt zu zweifeln, ob er evtl. einen Fehler mit der Adresse des Auftrages gemacht hat. Es stellt sich heraus, dass dieses sein erster „Fall“ ist. Nat kann es nicht glauben, fühlt sich kerngesund, hat gerade eine großartige Fusion mit einer berühmten Firma erfolgreich abgeschlossen und will partout nicht mitgehen.

Er verwickelt den leicht abzulenkenden Tod in verschiedene Gespräche, bei denen ihm langsam klar wird, dass es sich hierbei anscheinend wirklich um seinen Tod handelt. Aber dieser scheint nicht allzu clever zu sein, so ahnt Nat seine Möglichkeit, ihn mit einer List zu übertölpeln. Er überredet den Tod mit ihm eine Runde Gin Rummy zu spielen. Der Tod, noch völlig erschöpft vom anstrengenden Klettern zum Fenster hinauf, ermüdet von Nats Widerständen und sowieso reichlich überfordert mit seinem ersten Job, willigt ein. Gewinnt der Tod, ist Nat einverstanden sofort mitzugehen, gewinnt Nat, bekommt er einen Tag Aufschub. Nat, als echter Geschäftsmann, schlägt vor, zusätzlich um einen Geldeinsatz zu spielen. Die Nacht beginnt und ebenso das Spiel um Leben und Tod. Während der Tod konzentriert mit den Karten beschäftigt ist, versucht Nat, etwas über das Sterben, das Jenseits und das Leben danach in Erfahrung zu bringen: Wo werden wir hingehen, wie wird es dort sein, auf welche Weise werde ich sterben etc. Als gewiefter Händler hofft er, die für ihn besten Möglichkeiten auszuhandeln und den Tod vom Spiel abzulenken. Nats ständiges Nachbohren und Gequatsche macht den Tod völlig nervös. Selbstsicher, ein gutes Blatt in Händen zu halten, verliert er die Partie haushoch. Nun hat er nicht nur seinen Job vermasselt, sondern auch noch Spielschulden. In Panik begreift der Tod, dass es ein ernsthaftes Spiel um Zeit gewesen ist.

Seinen ersten Job derart verpfuscht zu haben, nagt sehr an seinem Selbstbewusstsein. Die paar Kröten die er besaß sind verspielt. Was soll er nun tun, wo soll er hin? Ohne das nötige Kleingeld ist an eine Reise ins Jenseits überhaupt nicht zu denken, geschweige denn, ein Hotelzimmer zu mieten. Und was soll er mit der verbleibenden Zeit anstellen, wie soll er sie „totschlagen“ unwissend und irritiert wie er ist? Doch Nat interessiert das alles nicht weiter. Mit der Gewissheit des eindeutigen Siegers wirft er den Tod aus seinem Haus und ahnt, dass er mit diesem Tod weiterhin „spielend“ fertig werden wird.

Christian Jost