Paradox

Partitur und Stimmen

Ein Liebespaar, unter deren Gier der Boden nachgibt und deren Lust zu Treibholz wird: dies ist das Herz von Hans Thills Gedicht Paradox und stellt den ersten Moment der Inspiration für Christian Jost dar, diesem Text musikalische Gestalt zu verleihen. Die reduzierte Sprache des Gedichts, seine surreale erotische Welt, eröffnet Räume, in denen Sätze zu Romanen und einzelne Wörter zu endlosen Linien werden. Kompositorisch hat dies für Jost nicht nur die Möglichkeit geschaffen, eine Geschichte hinter der Geschichte zu erzählen, sondern auch jedes einzelen Wort in Klänge einzuschweißen, deren Richtung er bestimmt. Folgerichtig ist demnach im Text und nicht an ihm entlang komponiert worden. Was bedeutet: der ohnehin zerschnittenen Sprache wurde eine weitere Ebene hinzugefügt, indem die jeweiligen Textschwerpunkte in verschiedene Klangbilder gefasst wurden, deren Summe dann die Dramaturgie des Ganzen bestimmt hat. Dadurch haben sich größere atmosplärische Unterschiede und Spannungen ergeben, als das sehr lyrische Gedicht vermuten ließe. So aber konnte der Komponist eine Dichte an Ausdruck und Intensität entwickeln, die bereits im Text enthalten sind, auch wenn er sich in ein lyrisches Gewand verkleidet hat.

Christian Jost