Egmont

Oper in 15 Szenen


Das Drama gleichen Titels von Goethe diente mir als eine Art Matrix. Das komplett neu verfasste Libretto von Christoph Klimke und mir ist wie ein episches Gedicht, in dem das freiheitliche Gesellschaftsbild Egmonts auf die kalkulierende, rein dem Machterhalt dienende Diktatur des Grafen Alba stößt. Die Personenzahl ist auf sechs reduziert, sämtliche Figuren agieren auf Augenhöhe. Dennoch ist es kein reines Drama zwischen Gut und Böse, da aktuelle Fragen und Konflikte verhandelt werden: Inwieweit ist eine Gesellschaft manipulierbar und ab wann kippt ein System unabhängig von seinen moralisch-ideologischen Werten?

Der Bezug meiner Oper zu Beethoven ergibt sich aus der Wahl des Sujets und ist somit ein rein inhaltlicher: Es geht um Prinz Egmont von Gaure als Verfechter von Freiheit, Frieden und Gerechtigkeit. Diese Themen haben Beethoven ein Leben lang beschäftigt. Seine berühmte Egmont-Ouvertüre ist aufgrund der thematischen Dichte und des enormen rhythmischen Zugriffs ein Juwel. Auch wenn ich dieses Werk unberührt lasse, so habe ich mein musikalisches Material in komplexer Dichte und mit vorwärts drängenden Rhythmen gestaltet. In meiner Oper kommt aber auch ein ganz anderer Teil Beethovens vor: Ausschnitte aus seinem berührenden Brief „An die unsterbliche Geliebte“. In einem fragil ziselierten Stimmensatz führt uns der konstant sechsstimmige Chor ins Innere der Figuren und hinter die Masken ihrer gesellschaftlichen Funktionen.

Christian Jost